Ewing Sarkom
Was ist ESFT?
Im Jahr 1921 beschrieb James Ewing das Ewing Sarkom (ES) erstmals als "diffuses Knochen-Endotheliom" (Ewing 1921). Er konnte beobachten, dass dieser äußerst aggressive Knochenkrebs erstaunlich empfindlich gegenüber Strahlungstherapie war.
Unter anderem hat Dr. Ewing die Grundlage für das heutige Memorial Sloan-Kettering Cancer Centre geschaffen, wo er ein beeindruckendes Team von Ärzten versammelte, die sich später in unterschiedlichen Fachbereichen der Onkologie verdient machten. Sein Ruf eilte ihm voraus; seine Gefolgschaft nannte ihn "Der Chef" oder "Mister Krebs." Der nach ihm benannte Tumor wird üblicherweise als Ewing Sarkom bezeichnet.
Seit der Erstbeschreibung des Tumors haben sich viele Theorien über seine Entstehung entwickelt. Zwar ist der Ursprung dieser Erkrankung noch immer nicht ganz geklärt ist, doch setzt sich die Theorie, dass er sich von einer primitiven Zelle ableitet immer mehr durch. Diese stammt entweder von der Neuralleiste (embryologisches Gewebe) oder von im Körper verstreuten Zellen (mesenchymale Stammzellen) ab, welche die Fähigkeit besitzen, sich zu unterschiedlichen Gewebetypen zu entwickeln. Unter Pathologen war es schon länger bekannt, dass Ewing Sarkome (ES) sehr den perphären primitiven neuroektodermalen Tumoren (pPNET) ähneln, einem noch seltener auftretenden Tumor der Weichteile. In den frühen 1980er Jahren wurde nicht nur herausgefunden, dass Ewing Sarkome und PNET sehr ähnliche Merkmale unter dem Mikroskop zeigen, sondern noch dazu in mehr als 95% der Fälle eine identische genetische Abnormalität – eine Translokation – aufweisen (Aurias 1984, Whang-Peng 1984, Burchill 2003). In der Folge wurden diese beiden Tumoren zur Krebsklasse mit der Bezeichnung ‚Ewing-Sarkom Tumorfamlie‘ (ESFTT) zusammen geschlossen. Alle Tumoren dieser Klasse zeigen diese Translokation.
Tumoren in der Familie der Ewing Sarkome werden von primitiven Zellen gebildet, deren Herkunft und Funktion noch nicht eindeutig bekannt ist. Wenn Pathologen Krebszellen anfärben, um den Krebs zu diagnostizieren, erscheinen primitive Zellen blau. Darum werden sie als „kleine blaue Zellen“ bezeichnet. Die Familie der Ewing-Sarkome umfasst:
- Ewing-Sarkom des Knochens
- Extraosseäres Ewing Sarkom, auch extraskeletales Ewing Sarkom (Tumor, der außerhalb des Knochens wächst)
- Periphärer primitiver neuroektodermaler Tumor (pPNET)
- Peripheres Neuroepitheliom
- Askin’s Tumor (Ewing-Sarkom der Brustwand))
- Atypisches Ewing-Sarkom
Was ist eine Translokation?
Eine Translokation beschreibt einen mechanischen Bruch und die Wiederverbindung zwischen unterschiedlichen Chromosomen (Obata 1999). Chromosomen sind Strukturen für die im Zellkern (dieser ist das genetische Zentrum) enthaltenen Gene und dienen gewissermaßen als Spule, auf welcher die DNA, d.i. die genetische Information, wie ein Faden aufgerollt sind. Menschen besitzen in jeder Zelle einen doppelten Satz von je 23 Chromosomen (d.i. eine Gesamtzahl von 46 Chromosomen), die alle Gene tragen. Chromosomale Translokationen werden an anderer Stelle dieser Website von Dr. Gabriela Mercado und Dr. Frederic Bar von der University of Pennsylvania hervorragend diskutiert.
In ESFT wird die Translokation zwischen den Chromosomen 11 und 22 als t(11;22) bezeichnet. Die Gene von Chromosom 22 kodieren das Ewing-Sarkom-Gen (EWS), dessen Funktion bisher nicht sehr gut entschlüsselt ist (Delattre 1992, May 1993). Das Gen von Chromosom 11, FLI1 genannt, spielt beim An- und Abschalten von anderen Gene eine Rolle. Das neu fusionierte Gen, EWS/FLI1 genannt, kodiert für ein verändertes Fusionsprotein, welches andere Gene reguliert. Eine veränderte Expression dieser Gene kann zur Krebsbildung führen. Dr. Stephen Lessnick vom Huntsman Cancer Institute gibt in einem anderen ESUN-Artikel eine detaillierte Diskussion über das Ewing-Fusionsprotein.
Das Fusionsprotein EWS / FLI
Das Ewing-Sarkom-Gen kodiert für ein Protein unbekannter Funktion, das FLI1-Produkt hingegen ist ein Transkriptionsfaktor. Das resultierende EWS/FLI-Fusionsprotein wird vom Ewing-Sarkom-Promoter reguliert. In ES und pPNET wurden auch andere Translokationen beschrieben, darunter t(21;22) and t(7;22). Jedoch führen all diese Translokationen zu einer Fusion des EWS-Gens mit einem Gen der gleichen Transkriptionsfaktor-Familie wie FLI1 (ETS). Im Vorfeld dachte man, dass spezifische Besonderheiten dieser Translokationen das Überleben beeinflussen. Durch moderne Behandlungsprotokolle konnte man jedoch feststellen, dass unterschiedliche Translokationen keinen Einfluss auf die Überlebensrate bei Patienten haben (Le Deley 2010, van Doornick 2010).
Wer erkrankt an ESFT?
ESFT kommen sehr selten vor, weniger als drei von einer Million Menschen unter 20 Jahren sind davon betroffen (Esiashvili 2008). In 90% der Fälle tritt ESFT bei Patienten zwischen 5 und 25 Jahren auf. Außergewöhnlich selten ist es nach dem 25. Lebensjahr. Ungefähr 25% der Fälle treten bei unter 10-Jährigen auf, wohingegen 65% der Fälle sich bei 10- bis 20-Jährigen manifestieren. Etwa 10% der Patienten sind bei Auftreten des Tumors älter als 20 Jahre.
ESFT ist bei Kindern unter 5 Jahren eher ungewöhnlich. Das metastatische Neuroblastom ist ein Krebs, der ähnliche Symptome, Anzeichen und Histologie wie ESFT zeigt. Klein-rundzellige Tumoren in Patienten unter 5 Jahren sind daher oft dem metastatischen Neuroblastom als dem ESFT zuzuordnen.
Junge Männer und Knaben sind häufiger von ESFT betroffen als junge Frauen und Mädchen. Das Becken ist der häufigste Ort der Ausprägung, gefolgt von Femur (Oberschenkel), Tibia (Schienbein), Humerus (Oberarm) und Scapula (Schulterblatt). Generell kann ESFT aber in allen Körperbereichen auftreten. Interessanterweise tritt ESFT zehnmal häufiger in der weißen im Vergleich zur schwarzen Bevölkerung auf. Dieses Verhältnis ist weltweit einheitlich.
Da das Ewing-Sarkom öfter bei Kindern und Jugendlichen als bei Erwachsenen vorkommt, wird es als „Kinderkrebs“ bezeichnet. Das durchschnittliche Patientenalter liegt bei 15 Jahren. In den USA werden jährlich ca. 200 Fälle bei Kindern und Jugendlichen diagnostiziert und ca. 20 bei Erwachsenen (Esiashvili 2008).
Wie fühlt sich jemand mit ESFT?
Personen, die an ESFT leiden, klagen zuerst über Schmerzen und bemerken manchmal einen Knoten. Üblicherweise wächst dieser Knoten im Verlauf von ein paar Wochen oder Monaten. Wenn sie bereits über Jahre besteht, ist so eine Massezunahme jedoch eher kein aggressiver TumorESFT. Manchmal frisst sich aber der Krebs in den Knochen und verursacht einen Bruch desselben. Etwa ein Viertel der Patienten klagt über Fieber und/oder Gewichtsverlust. Personen, die diese Leiden bemerken, sollten ihren Hausarzt aufsuchen. Dieser kann am besten beurteilen, ob man gleich einen Spezialisten konsultieren sollte.
Welche Tests sind notwendig, um ein ESFT feststellen zu können?
Nach der Anamnese (Erhebung der Vorgeschichte) und einer Begutachtung durch einen Arzt sollte dieser ein Röntgenbild machen, um die möglicherweise betroffene Region zu untersuchen. ESFT können auf dem Röntgenbild als destruktives Gewächs in der Mitte des Knochens wahrgenommen werden (Diaphyse), siehe Abbildung 1.
Röntgenologisch präsentiert sich ESFT als zentraler lytischer Tumor in der Diaphyse oder Metaphyse des Knochens. Dies bewirkt eine weitreichende Zerstörung des kortikalen Knochens, und beim Durchbruch durch das Periost (Knochenhaut) kann man die typische vielschichtige „Zwiebelhaut“ erkennen. Ein anderes röntgenologisches Charakteristikum ist die reaktive „Haar-am-Ende“-Erscheinung. Diese ergibt sich durch Knochenformationen entlang der perostealen Gefäße, welche perpendikular zwischen dem Cortex und dem hochgezogenen Periost verlaufen.
Fortschrittliche Bildgebungsverfahren wie Magnetresonanztomographie (MRT) dienen als Hilfe bei der Diagnosestellung, vorallem wenn sich Tumoren außerhalb des Knochens entwickeln (siehe Abbildung 2).
Bei Verdacht auf ESFT werden zwei zusätzliche Tests gemacht, um festzustellen, ob der Tumor sich ausgebreitet hat: eine Computertomographie (CT) der Lunge und eine Knochenszintigraphie (Meyer 2008). Die Ergebnisse dieser Untersuchungen helfen den Ärzten, die Behandlung festzulegen und die voraussichtlichen Resultate abzuschätzen (Prognose). Ein neueres Bildgebungsverfahren, das schon in manchen Zentren verwendet wird, ist Positronen-Emissions-Tomographie (PET). Der Einfluss von PET-Untersuchungen in Bezug auf die Einschätzung und die Behandlung des ES ist noch unklar. Eine Studie aus dem Jahr 2005 von der University of Washington hat gezeigt, dass Behandlungen unter Einbezug von PET gute Vorhersagen der Überlebenschance ohne weiteres Tumorwachstum erlauben (Hawkings 2005). Eine europäische Studie konstatierte, dass PET kombiniert mit CT eine bessere Evaluierung von ESFT ermöglicht als PET alleine (Gerth 2007). Nach der Durchführung all dieser Tests muss unbedingt eine Probe des Tumors (Biopsie) entnommen werden, um wirklich sicherzustellen, dass es sich um ESFT handelt.
Was zieht eine Biopsie nach sich?
Für eine Biopsie gibt es zwei Möglichkeiten: inzisional und exzisional. Bei inzisionalen Biopsien wird ein kleines Stück des Tumors entnommen. Diese beinhalten Nadel- (geschlossen) und offene Biopsien. Nadelbiopsien können entweder Feinnadelbiopsien oder Stanzbiopsien sein (unten genauer erklärt). Exzisionale Biopsien werden bei geringer Tumorgröße (<6cm) durchgeführt, und wenn der Tumor nicht nahe bei vitalen Strukturen liegt. Je nach Größe und Lokalisation des Tumor, als auch unter Einbezug des Alters des Patienten, muss die Art der Biopsie sorgsam und überlegt ausgewählt werden (Mankin 1996; Simon 1998).
Ebenfalls von entscheidender Bedeutung ist die Platzierung der Biopsie relativ zum Tumor und den anatomischen Strukturen des Patienten. Kleine, oberflächliche Lesionen sind normalerweise zugänglich für exzisionale Biopsien. Bei Verdacht auf malignen Knochentumor wird fast nie eine exzisionale Biopsie durchgeführt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein solcher Tumor bei Diagnose meist schon groß ist und noch vor der endgültigen Resektion einer neoadjuvanten Therapie (Chemotherapie vor der Entfernung des Tumors) unterzogen wird. Wenn die Läsion nach präoperativer Beurteilung, körperlicher Begutachtung und Bildgebunsverfahren eher als benign einzuordnen ist, sollte vor der entgültigen Entnahme trotzdem ein Schnellschnittpräparat entnommen werden. Falls irgendein Grund zum Zweifel besteht, können Chirurg und Pathologe einen „schnellen Blick“ auf die Tumorprobe werfen, während der Patient noch im Operationssaal ist. So könnte vorsichtshalber auch noch mehr Gewebe für weitere Diagnosen entnommen werden. Erstmalige Exzision eines entbehrlichen Knochens sollte nur von einem erfahrenen Onkologen spezialisiert auf Muskel-Skelett-System in Betracht gezogen werden. Zu den entbehrlichen Knochen könnten zum Beispiel Rippe, Schlüsselbein, Brustbein, Darmbein, Schulterblatt oder distale Elle fallen.
Die meisten Knochentumoren mit ungewissem biologischen Potential und die Verdacht auf Malignität zulassen, werden mittels inzisionaler Biopsie untersucht. Die genaue Position der Biopsie wird nach gründlicher Prüfung und Einschätzung der lokalen Ausmaße des Tumors und seiner Verbindung zu empfindlichen Strukturen, wie zum Beispiel zu Nervengefäßbündeln, festgelegt. Dies muss von Fall zu Fall abgeschätzt werden. Es ist höchst empfehlenswert, dass die Biopsie von demselben Chirurgen durchgeführt wird, welcher auch die endgültige Resektion ausführen wird. Dies ermöglicht gleichzeitig mit der Entfernung des Tumors eine ekliptische Entfernung des Biopsietraktes. Zum Zeitpunkt der Biopsie muss der Chirurg mit den orthopädischen Prinzipien der Lappenbildung, der Überdeckung und auch der Amputation vertraut sein, weil ja für den jeweiligen Tumor schlussendlich möglichst eine Erhaltung der betroffenen Gliedmasse vorzusehen ist.
Nadelbiopsien (geschlossen) können sogar den diagnostischen Prozess beschleunigen, wenn sie bei den Patienten ambulant durchgeführt werden. Dies kann mit Lokalanästhesie durchgeführt werden und reduziert auch die Kosten. Dennoch sind bei Kindern solche Techniken nicht empfohlen. Die meisten malignen Knochentumore gehen meist mit einem Befall von Weichteilen in der Peripherie einher. Tiefes Eindringen mit der Nadel in den Tumor ist unnötig und kann zu Kontamination und Blutungen führen. Wie bereits erwähnt muss die Lokalisation für die Biopsie gut geplant werden, sodass sie gleichzeitig mit der Resektion entnommen werden kann. Für einen erfahrenen Zytopathologen ist die Nadelbiopsie eine Option. Normalerweise wird hierfür eine Nadel mit 0,7 mm Durchmesser verwendet. Dieser Biopsiemethode wird eine Genauigkeit von 90% zugeschrieben, in Knochensarkomen etwas mehr als 80%. Ein Nachteil ist jedoch, dass möglicherweise zu wenig Material für zytogenetische Untersuchungen, für Durchflusszytometrie, Genuntersuchungen und andere Tests entnommen wird.
Stanzbiopsien sind minimal invasiv, können ebenfalls unter Lokalanästhesie durchgeführt werden, erhalten die Architektur des Gewebes und bieten genug Probenmaterial für fortführende Analysen. Die diagnostische Exaktheit für diese Technik kann 95% sogar übersteigen.
Während Nadelbiopsien eigentlich die Diagnose erleichtern, können sie diese auch verzögern. Da ein Schnellschnittpräparat allein zur endgültigen Diagnose der Malignität nicht ausreicht, muss der Patient warten bis spezielle Färbungen gemacht wurden. Wenn zusätzlich noch spezielle Untersuchungen notwendig sind, kann dies mehrere Tage in Anspruch nehmen. Wenn die Probe nicht auswertbar ist, was in ca. 25 – 33% der Fälle auftritt, muss eine weitere Biopsie entnommen werden und weitere Verzögerungen können auftreten. Eine offene inzisionale Biopsie kann möglicherweise in einer Praxis entnommen werden. Beim Verdacht auf maligne Knochentumoren wird jedoch empfohlen, dass diese im Operationssaal entnommen werden. Üblicherweise longitudinale Inzisionen. Transversale Inzisionen können eventuell Hautlappen kontaminieren und neurovaskuläre Strukturen beschädigen. Während der Annäherung an den Tumor sollten keine Klappen gebildet werden, um die Kontamination zu verhindern. Bevorzugt sollte aus dem nahe der Oberfläche gelegenen Tumorareal eine Biopsie entnommen werden, es sei denn ein darüber laufendes Gefäß oder ein Nerv verhindern dies. Darüber hinaus sollte schon durch vorangegangene präoperative Bildgebungsverfahren festgestellt worden sein, welche Region des Tumors am ehesten zu diagnostischen Zwecken dient. Stark nekrotische und/oder hämorrhagische Regionen können irreführende Ergebnisse liefern. Wenn der Tumor erreicht wurde, sollte die Biopsie nur die Peripherie mit einbeziehen. Tiefe Probegewinnung ist nicht notwendig. Ein Schnellschnittpräparat muss gemacht werden, um festzustellen, ob das diagnostische Gewebe erreicht wurde, aber nicht um die endgültige Diagnose zu erstellen. Für diesen Vorgang sollte daher auch mit dem Pathologen im Vorfeld ausgiebig abgeklärt werden, wie viel Gewebe für die speziellen Untersuchungen notwendig sein wird und ob mit dem Gewebe speziell verfahren werden muss. Formaldehyd fixiert Gewebe, verhindert jedoch zytogenetische und molekularbiologische Studien. Noch dazu trocknet Tumorgewebe außerhalb des Körpers sehr schnell aus, was ebenfalls für viele Tests störend ist. Daher ist die gewissenhafte und schnelle Bearbeitung der Proben sehr wichtig.
Für die Knochentumoren, welche die äußere Schicht (Kompakta) nicht beschädigt haben, ist eine kontrollierte Fensterung notwendig. Eine Stanze ist gewöhnlich ausreichend; wenn aber ein größeres Fenster erforderlich ist, muss dieses rund oder oval sein, um Stressfaktoren möglichst gering zu halten. Dann kann man eine Knochenzange bzw. scharfen Löffel (wie für die Hirnanhangsdrüse) zur Gewebsgewinnung aus dem Markkanal verwenden. Als Variante kann man stattdessen einen Polymethylmethacrylate-Stoppel verwenden. Blutstillung ist besonders wichtig. Manche Tumoren können sehr gefäßreich sein und exakte Blutstillung kann unmöglich sein. In solchen Fällen muss ein Drain in Richtung der distalen Inzision eingelegt und angenäht werden.
Die Verwendung von Tourniquets (Adernpressen) ist umstritten. Obwohl ihre Anwendung einen blutfreien Zugang erlaubt, müssen sie vor dem Wundverschluss gelockert werden, um eine ausreichende Blutstillung zu sichern. Wenn solche angewendet werden, sollte die Gliedmaße nicht blutleer gemacht werden, um das Risiko einer Tumorembolie möglichst gering zu halten.
Welche anderen Erkrankungen ähneln ESFT?
Durch mikroskopische Untersuchung kann man die beiden Erkrankungen jedoch unterscheiden (siehe Abbildung 3). ESFT kann für Osteomyelitis gehalten werden, weil durch die Läsion nekrotische Bereiche entstehen. Es kann manchmal zu einer Verflüssigung des Tumors kommen, was fälschlicherweise für Eiter gehalten werden kann. Außerdem treten bei den Patienten ähnliche Symptome wie zeitweiliges niedriges Fieber, erhöhte Werte für weiße Blutkörperchen und eine erhöhte Blutsenkungsreaktion (BSR) auf. Durch mikroskopische Untersuchung kann man die beiden Erkrankungen jedoch unterscheiden (siehe Abbildung 3).
ESFTzeigt im Mikroskop kleine rundliche Zellen, die sich bevorzugt zu dicht gepackten Stapeln ansammeln. Manchmal kann auch Pseudorosettenbildung beobachtet werden. Immunhistochemisch ergibt sich eine positive Färbung für O13 (CD99).
Andere Krebsarten der Knochen, wie zB. Osteosarkom und Lymphom können ebenfalls mittels mikroskopischer Analyse und speziellen Studien von ESFT unterschieden werden. Nicht kanzeröse (benigne) Zustände, unter anderem die Histiozytose X, können auch ähnliche Anzeichen wie ESFTzeigen. Wenn sich ESFT außerhalb des Knochens entwickeln, könnte es fälschlicherweise für einen Weichteilgewebetumor (Weichteilgewebssarkom) wie Rhabdomyosarkom oder andere, gehalten werden. Spezialisten sollten aber ohne weiteres in der Lage sein, zwischen diesen zu unterscheiden.
Wie verhält sich ESFT?
ESFT ist ein aggressiver Tumor mit der Tendenz, am Ort der Entstehung wiederaufzutreten (lokales Rezidiv) und sich innerhalb des Körpers auszubreiten (zu metastasieren). Es gibt derzeit drei mögliche Behandlungsmethoden: Chemotherapie, Strahlungstherapie und Operation. Chemotherapie wird für lokale ESFT (auf eine Region beschränkt) angewendet, um den Tumor zu schrumpfen und eine Ausbreitung zu verhindern. Anschließend wird der Patient einer Operation unterzogen, in welcher der Tumor (wenn möglich) vollständig entfernt wird. Wenn eine Operation nicht möglich ist, dann wird eine Strahlentherapie zur Vernichtung des lokalen Tumors eingesetzt. Der Patient muss sich dann anschließend einer Chemotherapie unterziehen, um mögliche entartete Zellen zu töten, nachdem der Tumor entfernt wurde. In manchen Fällen werden sowohl ein chirurgischer Eingriff, als auch eine Strahlentherapie eingesetzt. Bei einer solchen Behandlung haben Patienten üblicherweise eine 5-jährige Überlebensrate von ungefähr 70-75% (Bacci 2006; Esiashvili 2008; Gupta 2010).
Leider hat sich zum Zeitpunkt der Erstkonsultation des Arztes bei 15-25% der Patienten der Tumor schon im Körper ausgebreitet. In diesen Fällen überleben weniger als 30% länger als 5 Jahre. Bei solchen Patienten werden als Erstmaßnahme Chemo- und Strahlungstherapie angeordnet, meist aber zusätzlich auch eine Operation.
Die operative Entfernung von Lungenmetastasen (wenn möglich) fördert die Überlebenschance (Haeusler 2010).
Wie wird ESFT behandelt?
Für die Behandlung von ESFT sind Ärzte verschiedener Fachrichtungen nötig. Es ist sehr wichtig, dass Patienten mit ESFT in einem großen Zentrum behandelt werden, das über reichlich Erfahrung mit dieser Krankheit verfügt, und in dem unterschiedliche Fachärzte und Gesundheitseinrichtungen eng zusammenarbeiten, um diese sehr seltene aber dennoch tödliche Krebsform behandeln zu können (Randall 2004). Orthopädische Onkologie, medizinische Onkologie, pädiatrische Onkologie, Strahlentherapie, Radiologie- und Pathologie des Muskel-und Skelettsystems sind medizinische Disziplinen, die mit Ewing Sarkomen zu tun haben. Auf Wirbelsäulen- oder Gefäßoperationen spezialisierte Chirurgen, sowie plastische Chirurgen tragen ebenfalls zu einer erfolgreichen Behandlungsstrategie bei.
Behandlung von Ewing-Sarkom
Derzeit werden Ewing Sarkome, sowohl Weichteil- als auch Knochen-Tumoren dieser Art, auf gleiche Weise behandelt. Die Erstbehandlung, so wie sie in derzeitiger Form vorgenommen wird, basiert auf Ergebnissen von zahlreichen Studien:
- Mehrere verschieden zusammengesetzte Chemotherapie-Zyklen
- Wenn möglich, operative Entfernung des Tumors. Dabei kommt es oft zur Entfernung von Körperteilen, die dann prosthetisch wieder rekonstruiert werden oder durch Knochen-Transplantation ersetzt werden (wenn Knochen entfernt werden müssen).
- Wenn der Tumor operative nicht ganz entfernt werden kann, wird für 6 Wochen lang täglich eine Strahlenbehandlung an der Stelle des Tumors durchgeführt.
Das Ewing Sarkom ist ein aggressiver Krebs, dessen Behandlung im besten Fall 9 – 12 Monate dauert. Wenn die Erstbehandlung nicht anschlägt, müssen andere Medikamente eingesetzt werden. Bringen diese ebenfalls keinen Erfolg, könnte der Patient ein Kandidat für die Testung neuer Medikamente in klinischen Studien sein.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Chemotherapien hat die Überlebensrate von Patienten mit ESFT signifikant verbessert. Normalerweise wird eine operative Entfernung des Tumors erst nach einer Chemotherpaie des Primärtumors vorgenommen. Die Chemotherapie wird deshalb zuerst durchgeführt, um jegliche Zellen zu entfernen, die schon vom Tumor in andere Gewebe gedrungen (metastasiert) sind, aber in den Untersuchungen noch nicht erkannt wurden. Desweiteren, gibt diese Vorgehensweise dem Chirurgen eine gute Gelegenheit, um seine Operation zu planen (siehe Abbildung 4).
Nach der Operation wird die Chemotherapie fortgesetzt und auf die Wirkung der Medikamente abgestimmt. Hat der Tumor sehr stark auf die Medikamente angesprochen, wird in vielen Fällen ein besseres Ergebnis diagnostiziert. In ESFT wird Strahlentherapie entweder in Kombination mit oder anstatt einer Operation eingesetzt, je nach Lage und Ausmaß des Tumors. Obwohl alle Aspekte der Behandlung in den letzten 30 Jahren stark verbessert wurden, bleibt die Therapie trotzdem sehr intensiv. Die Behandlung dauert in der Regel ein Jahr. Im Wesentlichen geben der Patient und seine/ihre Familie ein Jahr ihres Lebens auf, um hoffentlich viele weitere zu erleben.
Welche Medikamente werden für die Behandlung von ESFT eingesetzt?
Chemotherapie (CTx) ist ein kritischer Bestandteil in der Behandlung von ESFT (Wexler 1996; Ludwig 2008; Balamuth 2010). Zur Zeit als ausschließlich Strahlentherapie und/oder eine Operation ohne vorhergehende Chemotherapie durchgeführt wurden, starb die Mehrheit der Patienten (bis zu 90%). In den 1960ern wurden bestimmte Medikamente (Cyclophosphamid, Actinomycin-D und Vincristin) für die Behandlung von ESFT eingesetzt, woraufhin sich die Überlebensrate verbesserte. Im Zuge der letzten drei Jahrzehnte wurden neue Chemotherapeutika entwickelt und die Dosierungschemata der unterschiedlichen Medikamente neu aufeinander abgestimmt. In den USA und in Europa wird heutzutage meist eine Fünffach-Therapie von Vincristin, Doxorubicin, Cyclosphosphamid, Ifosfamid und Etoposid verabreicht (Ladenstein 2010).
Die Wahl der chemotherapeutischen Strategie zur Behandlung von ESFT hängt davon ab, ob der Tumor zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits metastasiert hat. Alle der unten aufgeführten Studien wurden in Patienten mit lokalen (nicht metastasierten) Tumoren ausgeführt. In der „Intergroup Ewing-Sarkom-Studie III“ wurden randomisierte Patienten entweder einer Behandlung mit drei Medikamenten (mit Vincristin, Doxorubicin und Cyclophosphamid) oder einer Behandlung mit fünf Medikamenten (Vincristin, Doxorubicin, Cyclophosphamid, Ifosfamid und Etoposid) unterzogen und die Ergebnisse verglichen. Wie im ‚New England Journal of Medicine‘ berichtet, ergab sich durch die 5-Medikamenten-Therapie eine verbesserte Überlebenschance im Vergleich zur Behandlung mit nur 3 Medikamenten (72% Überlebende versus 61%, p = 0,01) (Grier et al. 348:694-701). Aufgrund dieser Studie wurde die 5-Medikamenten-Therapie als Standard-Chemotherapie bei ESFT festgelegt. In den USA wird üblicherweise zuerst für zwei Tage eine Kombination aus Vincristin, Doxorubicin und Cyclophosphamid (auch VDC genannt) gegeben, gefolgt von einer 5-tägigen Behandlung mit Ifosfamid und Etoposid (IE). Die zwei Kombinationen (VDC und IE) werden alle drei Wochen abgewechselt.
Erst kürzlich wurde auch eine "intensiver dosierte" Chemotherapie ausgetestet, um die Wirkung noch zu verbessern. Intensivere Dosierung bedeutet, dass die Medikamentenmenge gleich bleibt, jedoch deren Verabreichung intensiver ausfällt. Dies kann entweder durch eine Erhöhung der Medikamentenmenge pro Intervall, Verkürzung der Intervalle oder einer Kombination aus beidem bewirkt werden. Eine Studie der amerikanischen Children´s Oncology Group (COG) wurde durchgeführt, um herauszufinden, ob bei einer 5-Medikamenten-Therapie die intensivere Dosierung durch Erhöhung der Dosis an Medikamenten erreicht werden kann, während die Dosierungsintervalle von 3 Wochen erhalten bleiben. Auch wenn durch diesen Versuch keine Verbesserung der Überlebensrate eintrat, konnte jedoch gezeigt werden, dass die Toxizität der Chemotherapie bei einer 30-wöchigen Behandlung gleich hoch war wie bei einer 48-wöchigen (Granowetter 2009). Eine noch aktuellere Studie (AEWS0031) konnte zeigen, dass intensiv dosierte 2-wöchige Behandlungsintervalle bessere Ergebnisse brachten als 3-wöchige Medikamenten-Intervalle. Dies traf sowohl für die ereignisfrei Überlebenden als auch für die anderen Überlebenden der Ewing-Sarkom-Patienten zu: 76% versus 65% ereignisfreies Überleben bei 4-jähriger Therapie (p=0,029), und 91% versus 85% allgemeine Überlebensrate bei gleich langer Therapie (p=0,026). Zwischen den zwei Medikationen gab es auch keinen Unterschied in der Toxizität. Heutzutage werden die Standardmedikationen, wie oben erwähnt, in einer intensiven Dosierung verabreicht, um die Länge der Therapie zu erhöhen, um aber im Gegenzug das Überleben zu verlängern. Weitere Daten dieser groß angelegten Studie werden noch immer analysiert und ausgewertet (Womer 2008).
Zum Zeitpunkt der Diagnose haben ca. 15% der Patienten bereits Metastasen, was der ungünstigste Faktor für die Prognose von ESFT ist. Treten die Metastasen nur in der Lunge auf (zusätzlich zum Haupttumor) haben die Patienten oftmals bessere Prognosen als bei mehrfacher Metastasierung auch in anderen Teilen des Körpers. Wenn bereits zum Zeitpunkt der Diagnose Metastasen entdeckt werden, wird als Ersttherapie die 5-Medikamenten-Chemotherapie verordnet. Da aber metastatische ESFT schwieriger zu behandeln sind, wird manchmal eine Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation in dieser Gruppe von Patienten verordnet. Melphalan und Busulfan sind aktive Wirkstoffe gegen ESFT und wurden bereits wirksam im Zuge von autologer Stammzelltransplantation für fortgeschrittene Fälle des Ewing Sarkoms eingesetzt. Da diese Wirkstoffe jedoch in hohem Maße zu Myelosuppression führen, versucht man den Einsatz in der klinischen Routine eher zu vermeiden. Eine englische Studie aus dem Jahr 2006 berichtete, dass eine Kombination dieser Wirkstoffe mit Knochenmarkstransplantation bei sehr fortgeschrittenen Fällen des ESFT bei 38% der Behandelten zu einer Überlebenschance von mehr als 5 Jahren führte (McTiernan 2006). Die Ergebnisse einer europäischen Untersuchung in Patienten mit metastasiertem Tumor (Euro-EWING 99 Studie) sind nun zugänglich und zeigen, dass 27% dieser Patienten Ereignis-frei und 34% mehr als drei Jahre lang überlebten (Ladenstein 2010). Von den Patienten, die zur Hochdosis-Chemotherapie mit autologer Stammzelltransplantation übergingen, sprachen 57% darauf vollständig und weitere 25% teilweise an. Diese Studie konnte bestätigen, dass Patienten, die bereits mehrere Tumorherde oder große Haupttumoren zum Zeitpunkt der Diagnose besitzen, schlechtere Überlebenschancen haben als jene mit kleineren lokalen Tumoren. Weiters helfen diese Untersuchungen Forschern und Ärzten dabei, mehr über die beste Behandlungsmethode in unterschiedlich weit fortgeschrittenen Stadien des Tumors zu lernen.
Forscher und Ärzte versuchen auch weiterhin, innovative und neue Behandlungsmethoden für Patienten mit ESFT zu finden. Eine neue Untersuchung der COG wird in den nächsten Monaten ebenfalls gestartet. Dabei wird eine Therapie ausgetestet, die zu der vorhandenen Medikation bei Patienten mit lokalen Tumoren noch Topotecan hinzufügt. Derzeit gibt es auch laufende Studien zum möglichen Einsatz von Irinotecan und Temozolomid bei Patienten mit sehr fortgeschrittenem ESFT (Wagner 2007; Casey 2009). Neue biologische Wirkstoffe dienen vor allem dazu, spezifisch nur die Krebszellen nicht aber jede sehr schnell wachsende Zelle des Körpers anzugreifen. Dadurch kann die Behandlung gezielter mit weniger Nebenwirkungen eingesetzt werden. So werden zum Beispiel Behandlungen wie Antikörper gegen den "Insulin growth factor receptor" (IGFR-1) gezielt eingesetzt, um das Ewing Sarkom anzugreifen (Olmos 2010; Toretsky 2010). Ein paar der viel versprechenden neuen Behandlungsmöglichkeiten werden im letzten Kapitel dieser Rezension beschrieben.
Für weiterführende Informationen bezüglich der Chemotherapie-Zusammensetzung wird der Leser ans Ende dieses Artikels weiter geleitet.
Welche Nebenwirkungen ergeben sich durch die Chemotherapie von ESFT?
Die klassische Chemotherapie für ESFT bringt erhebliche Nebenwirkungen mit sich (Toxizität). Zusätzliche Betreuung in Form von Ernährungstherapie, psychosozialen, sozialen und physischen Behandlungen sowie Beschäftigungstherapie sind für das Wohlbefinden des ESFT-Patienten und seiner/ihrer Familie unerlässlich. Die meisten der Chemotherapie-Patienten entwickeln ein stark beeinträchtigtes Immunsystem, welches dazu führt, dass nicht ausreichend viele weiße Blutkörperchen gebildet werden. Die weißen Blutkörperchen sind jedoch zur Bekämpfung von Infektionen von größter Wichtigkeit. Damit diese Zellen sich nach der Chemotherapie schneller regenerieren, wird eine Medikation mit Granulozyten stimulierendem Faktor (G-CSF) verabreicht. Trotzdem entwickeln Patienten häufig opportunistische Infektionen, die dann mit Antibiotika behandelt werden müssen. Auch ein Mangel an Blutplättchen, die für die Blutgerinnselbildung wichtig sind, kann auftreten. Um diesen zu beheben benötigt man Transfusionen von Blutblättchen aus der Blutbank. Anämie, bzw. der Verlust von roten Blutkörperchen, kann entweder über Blutzelltransfusion oder durch Gabe von Erythropoetin ausgeglichen werden. Erythropoetin stimuliert die Bildung von roten Blutkörperchen. Chemotherapie führt auch dazu, dass dem Patienten die Haare ausfallen (Alopezie), die aber bald nach Absetzen der Medikamente wieder nachwachsen. Manche der Chemotherapeutika können auch zu Übelkeit und Erbrechen führen, aber es gibt mittlerweile schon einige Zusatzstoffe, die diese Nebenwirkungen minimieren sollen. Generell gibt es aber noch weitere jeweils für das Medikament spezifische Nebenwirkungen. Eine aufmerksame Beobachtung dieser Nebenwirkungen und das regelmäßige Gespräch mit dem Onkologen können aber helfen, die Nebenwirkungen so gut als möglich zu behandeln.
Welche Behandlung wird gegen den Haupttumor in ESFT eingesetzt?
ESFT reagiert empfindlich auf Strahlen behandlung. Historisch gesehen war diese Modalität auch die Behandlungsstrategie für den Haupttumor (Indelicato 2008).
Üblicherweise wird über fünf Wochen eine Dosis von 45-50 Gy zur Behandlung des lokalen Tumors eingesetzt.
Allerdings kann eine Strahlentherapie verschiedene Probleme, unter anderem chronische Schwellung, Gelenkssteife und sekundäre Tumoren mit sich bringen, welche bei etwa 5% der Patienten im weiteren Leben auftreten (Kultesch 1996). Um diesen Effekten vorzubeugen, wurde die operative Entfernung des Tumors eingeführt, um die lokale Krankheit unter Kontrolle zu halten, ohne die problematischen Nebenwirkung der Strahlentherapie hinnehmen zu müssen. Wenn hingegen nach der operativen Entfernung ein kleiner Teil des Tumors noch im Körper vorhanden ist, wird eine lokale Bestrahlung postoperativ verordnet. Manche Tumoren jedoch sind so groß, dass eine Operation nicht möglich ist. In diesen Fällen wird noch immer Radiotherapie als Erstbehandlung verordnet (La 2008).
Was bringt eine Operation von ESFT mit sich?
Die Durchführung einer Operation von ESFT kann sehr anspruchsvoll und komplex sein; siehe Abbildungen 5 und 6 (Alman 1995; Gebhardt 1991; Musculo 2000; Clohisy 1994; O’Connor 1996; Weiner 1996; Randall 2000).
Die Ausführung der Operation hängt von der Größe des Tumors und von seiner Einwanderung in umliegende Gewebe ab. Das Ziel jeder Krebsoperation ist es, den gesamten Tumor komplett zu entfernen und zusätzlich als Sicherheitsmaßnahme auch einen kleinen Teil angrenzenden normalen Gewebes (Sluga 2001). Dabei ist es auch die Norm, so gut als möglich Gliedmaßen erhaltend zu operieren; dies wird durch moderne Visualisierungstechniken (MRT) unterstützt. Diese Maßnahme in Kombination mit verbesserter Chemotherapie, befähigt den Chirurgen dazu, lokale Kontrolle über den Tumor zu gewinnen. Die Erfolgsrate dabei liegt gleich hoch wie bei einer Amputation der Gliedmaße. Trotzdem muss in manchen schweren Fällen eine Amputation vorgenommen werden, vor allem dann, wenn das Erhalten einer Gliedmaße das Überleben gefährden würde.
Aufgrund der Komplexität des Muskel-Skelett-Systems werden abhängig von der Lokalisation des entfernten Tumors unterschiedliche Methoden in der Wiederherstellungschirurgie angewendet. Üblicherweise betrifft ESFT hauptsächlich die knöchernen Teile des Beckens und die großen langen Knochen (Femur, Tibia, Humerus). Ungleich seltener werden die Wirbelsäule, Rippen, Hände und Füße betroffen. ESFT kann jedoch in jedem Körperteil auftreten.
Wie erfolgt die Wiederherstellung der Körperteile nach einer Operation?
Ewing-Sarkom der Knochen ist die häufigste Form von ESFT. Üblicherweise erfolgt nach Verlust von Knochengewebe (dort wo der Tumor war) eine Knochentransplantation, entweder mit Knochenmaterial vom Patienten selbst oder von einer Knochenbank, und/oder mit künstlichen metallenen Knochenteilen (Endoprosthetik). Welche dieser Materialen eingesetzt werden, hängt stark von der Lokalisation des Tumors, dem Alter des Patienten und der zusätzlichen Behandlungstherapie ab (zB. Chemo- und/oder Strahungstherapie).
Allotransplantate und Endoprosthetik können auch gemeinsam zur Wiederherstellung verwendet werden. Autogene Knochentransplantate könnten möglicherweise vaskularisiert sein (zB. Fibula). Alle dieser drei Möglichkeiten bringen Vor- und Nachteile mit sich. Große Allograft-Konstrukte und Endoprosthetik sollte eher Kindern älter als acht Jahre vorbehalten sein. Nicht vaskularisierte Autotransplantate vom Becken oder anderen Körperregionen sollten nur für kleine Defekte eingesetzt werden; diese funktionieren gut bei Kindern. Der Vorteil davon ist eine hohe Verträglichkeit und Einbindung des Transplantats in den Körper, kann aber zu Unnatürlichkeit oder Morbidität des umliegenden Gewebes an der Entnahmestelle führen. Vaskularisierte Autotransplantate (wie zB. Die Fibula) bringen den Vorteil mit sich, dass das Transplantat gut aufgenommen und eingegliedert wird und sogar durch die Umgebungskräfte noch sekundär remodellieren kann (Chen 2007; Hubert 2010). Auch hier kann es jedoch zu Komplikationen an der Entnahmestelle des Transplantats kommen.
Strukturelle Allotransplantate bringen keine Komplikation an der Entnahmestelle mit sich. Deren Nachteil ist jedoch die Schwierigkeit bei der Eingliederung in den Empfängerknochen oder mögliche auftretende Brüche. Ein Vorteil der Allotransplantate ist jedoch deren biologische Herkunft, und im besten Fall bleiben sie dem Patienten ein Leben lang erhalten, vorausgesetzt sie werden nicht abgestoßen oder brechen. Osteoartikuläre Allotransplantate inkludieren auch die Gelenksfläche am Ende des Spenderknochens und können für Rekonstruktionen bei Gelenksentfernung verwendet werden (Clohisy 1994; Hornicek 1998; Muscolo 2000). Jedes Gelenk kann auf diese Art und Weise wiederhergestellt werden, allerdings variiert die Langlebigkeit derselben je nach Lokalisation. Diaphysäre Tumoren werden durch eingelagerte Allotransplantate rekonstruiert, die zwar ein Segment des Knochens ersetzen, aber nicht die Gelenksfläche. Die Wachstumsfuge (Physis) stellt in manchen Fällen eine geeignete Tumorbarriere dar, wodurch das Ende des Knochens (Epiphysis) als auch die Gelenksfläche erhalten bleibt. Das muss jedoch vor der Operation mittels MRT genau untersucht und herausgefunden werden. Wenn ein Erhalt der Epiphyse und der Gelenksfläche möglich ist, sind sowohl die Langlebigkeit des Transplantats als auch das funktionelle Ergebnis verbessert im Vergleich zu Fällen, wo auch das Gelenk ersetzt werden muss.
Bei der Transplantation von langen strukturgebenden Knochen werden in 60 - 70% der Fälle zufriedenstellende Ergebnisse erzielt. Je nach Tumorlage und dem Ausmaß der Wiederherstellungsmaßnahmen können in vielen Fällen auch noch höhere Erfolgsraten verzeichnet werden. Bei Einsatz größerer Gebinde von Allograften können die allgemeinen Ergebnisse noch verbessert werden, wenn die Auswahl der Patienten dafür stringent und selektiv erfolgt (Cummings 2010).
Künstliche metallene Knochenteile (Endoprosthetik) bieten eine sofortige stabile Rekonstruktion, die auch dem Gewicht des Patienten sicherlich standhält. Diese Implantate sind sehr viel größer und komplexer als die üblicheren Gelenks-Prothesen, die als Gelenkersatz zB. bei Arthritis oder anderen Erkrankungen dienen. Normalerweise werden die Endoprothesen mit Knochenzement aus Acryl (Polymethylmethacrylat) einzementiert, aber neue Methoden kommen bereits ohne den Gebrauch von Zement aus. Endoprothesen sind üblicherweise aus Kobalt, Chrom, Stahl oder Titan hergestellt.
Da ESFT Kinder mit noch nicht vollständig ausgewachsenen Knochen betrifft, wurden Endoprosthetiken entwickelt, die sich mechanisch verlängern lassen. Dies ist besonders dann wichtig, wenn Wachstumsfugen mit entfernt werden müssen, um den gesamten Tumor herauszuoperieren. Studien zu diesen verlängerbaren Prothesen ergeben, dass die meisten von ihnen (85%) auch noch fünf Jahre nach Implantation gut halten und funktionieren (Grimer 2000; Ritschl 1992; Schiller 1995; Schindler 1998). Erweiterbare Prothesen können mit unterschiedlichen Mechanismen für Verlängerung/Erweiterung ausgestattet sein; dadurch können sogar manche zusätzlichen Operationen vermieden werden.
Für neuere zementlose metallische Prothesen , wurden Systeme entwickelt, die poröses Einwachsen bewirken. Trotzdem haben diese bisher die zementierten Implantate oftmals noch nicht ersetzen können. Neu erhältlich ist nun auch ein vorspannbares nachgiebiges Fixiergerät, welches den Gebrauch von langen intramedullär einzubringenden Schäften weitgehend ersetzt. Dadurch wird das sogenannte "Stress shielding" (eine durch das Implantat veränderte Lastübertragung im Gelenk) vermieden, was zusätzlich den noch gesunden Knochen des Patienten schädigen könnte. Dieses System wurde hergestellt, um die ossäre Integration an der Knochen-Implantat-Grenze zu verbessern.
Gibt es neben Knochentransplantaten und metallenen Implantaten noch andere Möglichkeiten für die operative Rekonstruktion bei ESFT?
In Einzelfällen kann es tatsächlich möglich sein, dass ein patienteneigener Körperteil (zB. der Unterschenkel) für die Rekonstruktion eines defekten Teiles des Oberschenkels verwendet wird. Solche Operationen werden Rotationsplastik oder Tibia-Umklapp-Plastik genannt. Diese Anwendungen sind besonders für junge Kinder (unter acht Jahren) von Vorteil, die noch voll im Wachstum stehen. Rotationsplastik verwendet das Sprunggelenk, welches 180° um die eigene Achse gedreht wird, um eine Amputation des unteren Femurs in eine Amputation unterhalb des Knies umzukehren. Rotationsplastik kann im Prinzip relativ gut mit anderen Arten von Gliedmaßen erhaltender Chirurgie verglichen werden, welche die Geh-Fähigkeit von Personen verbessern soll (McClenaghan 1990). Diese Art der Transplantation ist sehr viel langlebiger als andere Rekonstruktionsformen und es erhält zudem die untere Wachstumsfuge der Tibia für weiteres Knochenwachstum. Muss ein Gelenk (zB. Knie) gemeinsam mit dem Tumor entfernt werden, stellt Gelenksversteifung (Arthrodese) eine Ersatzmethode zur Gelenksrekonstruktion dar. Dabei werden der ober- und unterhalb liegende Knochen des Gelenks (zB. Femur und Tibia) so gelegt, dass sie zusammen wachsen und ein "steifes" Gelenk ergeben, also ein unbewegliches "Gelenk." Eine solche Fusion bleibt zwar noch immer eine Option, doch wird sie durch Weiterentwicklung der Endoprothesen und Knochentransplantate weitgehend verdrängt. Ein Vorteil der Fusion ist jedoch, dass es nach der Heilung sehr haltbar und widerstandsfähig ist, auch bei schweren Belastungen oder Sport.
Was sind die Nebenwirkungen von Operationen bei ESFT?
Chirurgische Eingriffe bringen so wie Chemotherapie auch mögliche Nebenwirkungen mit sich. In 10-15% der Knochentransplantate führen diese zu Infektionen (Mankin 1996; Alman 1995; Hornicek 1998). Des Weiteren kann es in 10-25% der Fälle beim Einsatz von großen Knochentransplantaten aus der Knochenbank zu Abstoßungsreaktionen kommen (Gebhardt 1991; Mankin 1996). Diese Komplikationen können zu zusätzlichen Operationen führen, in denen dann das Transplantat wieder entfernt werden muss. Diese Probleme treten jedoch häufiger bei Patienten auf, die einer Chemotherapie unterzogen werden. Lange Knochentransplantate bringen immer das Risiko eines Knochenbruchs mit sich (ca. 20% der Fälle), daher muss auch nach erfolgreicher Operation ein Leben lang Vorsicht geboten sein. Frakturen können zwar mittels Standardmethoden wieder behoben werden, können aber auch weitere Transplantat-/Implantateinsätze und/oder Transplantat-/Implantatentfernungen nach sich ziehen.
Ein Nachteil von Endoprosthetiken ist, dass sie locker werden können oder sich abnützen. Die erwartete 5-Jahres-Haltbarkeit von großen metallischen Einsätzen variiert von 50-90%, je nach Lage (zB. Oberschenkel oder Arm) und Größe. Die Langlebigkeit von verlängerbaren Endoprothesen verhält sich invers zum Alter des Patienten zum Zeitpunkt der Operation (Ward 1996; Finn 1997; Eckardt 1993; Schiller 1995, Schindler 1998). Je jünger der Patient war, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen mit der Rekonstruktion. Gleich wie bei großen Knochentransplantaten gibt es auch hier ein signifikantes Infektionsrisiko, welches bei 0-35% der endoprosthetischen Rekonstruktion auftritt (Grimer 2000; Wirganowicz 1999; Malawer 1995; Ritschl 1992; Ward 1997).
Ein Hindernis bei der Rotationsplastik oder der Tibia-Umklapp-Plastik ist das körperliche Aussehen. In den USA werden diese Techniken nicht sehr oft angewandt, da das körperliche Erscheinungsbild sozialen Zwängen unterliegt. Familien müssen eine ausführliche prä-operative Beratung wahrnehmen, wo ihnen unter anderem auch Bilder von Patienten gezeigt werden, bei denen die oben erwähnten Plastiken durchgeführt wurden.
Patienten, bei denen Gelenksfusionen gemacht werden, sind häufig wegen der fehlenden Beweglichkeit des Gelenks unzufrieden. Gelenksfusionen werden in der Schulter besser angenommen als bei den unteren Extremitäten (Alman 1995; Cheng 1991; Kneisl 1995).
Wann soll bei ESFT-Operationen eine Amputation durchgeführt werden?
Üblicherweise bewirken die Gliedmaßen erhaltende Chirurgie wie die Amputation gleichermaßen eine anhaltende Entfernung des Tumors (Rougraff 1994). Jedoch kann selbst eine Amputation keine vollständige Auslöschung des Tumors garantieren. ESFT besitzt die Fähigkeit näher zur Mitte des Körpers "zu springen," was vor der Amputation oft nicht erkannt werden konnte. Es kann dann zu einem erneuten Wachstum des Tumors an der Amputationsstelle kommen (Enneking 1975). Heutzutage ist es mit MRT möglich, die gesamte vom Tumor betroffene Region zu erkennen. Dadurch kommt es, verglichen mit den Tumor-Resektionen ohne MRT in den 1960er- und 1970er-Jahren, in fast keinem der Fälle mehr zu einem erneuten Wachstum des Tumors an der Amputationsstelle.
Manchmal befällt der Tumor Regionen um wichtige Nerven, Arterien oder Venen. Wenn diese Strukturen eng mit dem Tumor verwachsen sind, werden Gliedmaßen erhaltende Operation oft risikoreich. Wenn der behandelnde Arzt jedoch ein Spezialist in orthopädischer Onkologie ist, führen vorübergehende Gliedmaßen erhaltende chirurgische Eingriffe meist nicht zu verschlechterten Überlebenschancen. Wenn es in Patienten bereits zum Knochenbruch wegen des Tumors gekommen ist, hängt eine mögliche Amputation von weiteren Umständen ab (Bramer 2007). Die Entscheidung zur Amputation muss der Arzt gemeinsam mit dem gesamten Gesundheits- und Pflegeteam und in enger Absprache mit dem Patienten, sowie mit seiner/ihrer Familie fällen. Es müssen sowohl das Alter des Patienten, die Lokalisation des Tumors, das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein eines Knochenbruchs und die Wünsche des Patienten berücksichtigt werden. Da ESFT aber auf Strahlentherapie sehr gut anspricht, wird eine Amputation nur noch in den seltensten Fällen angeordnet.
In den oberen Extremitäten führt Amputation meist zu sehr schlechten Ergebnissen. Dementsprechend sollten eher auch schwierige Rekonstruktionen, die vaskuläre und/oder Nerven-Transplantate mit einbeziehen, durchgeführt werden, um selbst auch nur eingeschränkte Hand- und Handgelenksbewegungen zu erhalten. Wenn aber kein passendes Transplantat dafür zur Verfügung steht, wird eine Amputation notwendig. Externe Hemipelvektomie (Abtrennung eines Beins zusätzlich mit der dazugehörigen Beckenhälfte) führt aber nur zu schlechten Ergebnissen. Eine Hüftgelenkexartikulation, welche dem Entfernen des Oberschenkels auf Höhe des Hüftgelenks entspricht, kann die Sitzqualität des Patienten verbessern, aber die Verwendung von prosthetischen Aufsätzen ist eher schwierig. Für Tumoren oberhalb der proximalen Tibia wird meist keine Amputation, sondern eine Gliedmaßen erhaltende Methode angewendet, welche auch oft zu guten funktionellen Ergebnissen führt. Patienten, bei denen eine Amputation oberhalb des Knies erfolgte, bemerken oft einen höheren Kraftaufwand als Patienten, bei denen eine endoprosthetische Rekonstruktion durchgeführt wurde. Eine Knie-Arthrodese ist daher der Mittelweg zwischen Gliedmaßen erhaltender Chirurgie und Amputation, wobei auch der Kraftaufwand berücksichtigt wird. Diaphysäre tibiale Läsionen sind meistens für Gliedmaßen erhaltende Chirurgie zugänglich; allerdings führt eine Amputation unterhalb des Knies bei Läsionen im Fuß- und Fußgelenkbereich meist zu dem besten Ergebnis. In einer Studie, welche die psychosoziale Anpassung untersuchte, konnte herausgefunden werden, dass Gliedmaßen erhaltende Operationen öfter zu physischen Beschwerden der Patienten führt, wohingegen bei Amputationen die Patienten mit weniger Selbstwertgefühl und sozialer Isolation zu kämpfen hatten.
Welche neuen Forschungsansätze gibt es in Bezug auf ESFT?
Das Überleben von Patienten mit isolierten, lokalen Tumoren konnte durch moderne Chemotherapie und chirurgische Techniken stark verbessert werden. Die Behandlungsergebnisse bei Patienten mit diffusem Sarkom bei Erstbehandlung und Wiederauftreten des Tumors nach Erstbehandlung bleiben hingegen weiterhin relativ schlecht. Forscher und Ärzte suchen daher weiter energisch nach neuen Behandlungsansätzen, um auch diesen Patienten in Zukunft besser helfen zu können. Neue Ansätze werden normalerweise in Spezialzentren in klinischen Studien der Phase 1 und Phase 2 untersucht. Manche der derzeit viel versprechendsten Methoden werden in den unteren Absätzen diskutiert.
Der molekulare Signalweg von ESFT
Da die genetische Translokation t(11;22) die molekulare "Signatur" der ESFT darstellt, wurde diese intensiv beforscht und untersucht (Lessnick 2002). Versuchsleiter am‚ Huntsman Cancer Institute‘ konnten durch Untersuchung des molekularen Signalwegs von ESFT und des EWS-FLI-Fusionsproteins repetitive DNS-Sequenzen entdecken. Diese werden als Mikrosatelliten bezeichnet und haben im ESFT-Signalweg eine Funktion als "Response-Element" (Gangwal 2008). Im Anschluss an diese Entdeckung konnte das Protein GSTM4 identifiziert werden. Dieses kommt bei Patienten, die sehr schlecht auf Chemotherapie ansprechen, in sehr großen Mengen vor (Luo 2009). Durch diese Entdeckung können in Zukunft möglicherweise Patienten, die nicht so gut auf die Standardtherapie ansprechen, früher herausgefiltert werden und anderen Methoden unterzogen werden. Daran anschließend werden möglicherweise auch gezielt Medikamente zur Behandlung von ESFT hergestellt, die mit GSTM4 interagieren. Die genauere Erforschung des biologischen Signalwegs des Fusionsproteins führte zur Identifizierung eines Proteins namens NR0B1. Dieses spielt eine wichtige Rolle im Signalweg und wird ebenfalls das Angriffsziel für eine mögliche Therapie (Kinsey 2006; Kinsey 2009).
Dr. Jeffery Toretsky und seine Kollegen an der Georgetown University konnten einen anderen Versuchansatz entwickeln, der den molekularen Signalweg von ESFT behindert. Die Forschung dieser Gruppe konnte zeigen, dass EWS-FLI an das Molekül RNA Helikase A bindet, welches eine Funktion in der genetischen Transkription hat (Toretsky 2006). Kürzlich konnte daher das kleine Molekül mit dem Namen YK-4-279 identifiziert werden, welches die Bindung von EWS-FLI an die RNA Helikase A beeinträchtigt. Dieses Molekül konnte ESFT in gezüchteten Zellen bereits zerstören und verringerte das ESFT-Tumorwachstum in Versuchstieren.
Inhibitorische RNA-Technologie
Genetische Sequenzen, die sich gezielt gegen bestimmte Gene richten, werden „Antisens-Oligonukleotide“ genannt und stellen eine spannende neue Methode in Bezug auf Krebsbehandlung (auch für ESFT) dar. Es konnte bereits im Labor und in Tierversuchen gezeigt werden, dass Antisens-Oligonukleotide gegen die ESFT-Translokation die Tumorbildung verhinderten (Ouchida 1995; Kovar 1996; Tanaka 1997; Lambert 2000). In Bezug auf diese Methode braucht es aber noch weiterführende Studien und Forschungen. Das Erreichen des richtigen Kompartments in der Zelle stellt jedoch eine große Schwierigkeit bei der Antisens-Technologie dar. Antisens-Oligonukleotide, die derzeit bereits den „insulin-like growth factor 1“ (IGF-1) inhibieren, könnten in Zukunft vielleicht auch gegen ESFT wirken (Scotlandi 2002).
Triche und seine Kollegen beschrieben im Jahr 2005 bereits ein nicht virales Zuliefersystem, welches es ermöglichte, kleine inhibitorische RNA-Moleküle zielgerichtet gegen das EWS-FLI-Fusionsprotein einzusetzen (Hu-Lieskovan 2005). Inhibitorische RNA-Technologie ist aber ebenfalls in der Erforschung des molekularen Signalweges von ESFT wichtig. Durch inhibitorische RNA-Techniken konnten „insulin-like growth factor binding protein 3“ (Prieur 2004) und "cyclin D1" (Sanchez 2008) als wichtige Angriffsziele des EWS-FLI-Fusionsproteins identifiziert werden. Außerdem konnte mit inhibitorischer RNA gezeigt werden, dass GSTM4 ein wichtiges "Response-Element" des EWS-FLI ist (Luo 2009).
Wirkstoffe für Immuntherapie
Um für fortgeschrittene ESFT Behandlungsmöglichkeiten zu finden, wurden Antikörper ausgetestet, die sich gegen das IGF-1-Rezeptorprotein richten (Manara 2007). Ein Antikörper gegen IGF-1R mit dem Namen Figitumumab wurde bereits in einer klinischen Studie der Phase 1 getestet (Olmos 2010). Zwei von 16 ESFT-Patienten sprachen auf die Behandlung mit Figitumumab an, und bei acht Patienten konnte die Krankheit dadurch für vier Monate oder länger stabil gehalten werden. Dieser Wirkstoff und noch einige andere Antikörper werden derzeit in weiterführenden Studien getestet.
CD99 ist ein anderes Molekül, das möglicherweise als Angriffsziel für Immuntherapie in Frage kommt, da es auf den meisten ESFT-Tumorzellen vorhanden ist. Neueste Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass CD99 die normale neuronale Differenzierung der Ewing-Zellen verhindert (Rocchi 2010). Für den Test von CD99 sind derzeit noch Versuche an Patienten ausständig.
Neue chemotherapeutische Wirkstoffe
Selbstmord von Tumorzellen durch programmierten Zelltod oder Apoptose kann durch das Molekül TRAIL (tumor necrosis factor-related apoptosis inducing ligand) eingeleitet werden. Es konnte gezeigt werden, dass TRAIL Ewing-Zellen in vitro tötet, was möglicherweise einen biologischen Therapieansatz darstellt (Mitsiades 2001; Van Valen 2000). Vor kurzem wurde auch eine vorklinische Studie zur Wirksamkeit von TRAIL in Tieren veröffentlicht (Picarda 2010). Diese und andere Wirkstoffe sind derzeit nur Prüfpräparate, aber hoffentlich können durch weiterführende Förderung der Ewing-Sarkom-Forschung zusätzliche Entdeckungen gemacht werden, die schlussendlich in effektive Behandlungsmethoden umgesetzt werden können.
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Abbildung 1: Röntgenaufnahme des Beckens eines 16-jährigen Mädchens mit monatelang anhaltendem Hüftschmerz in der rechten Seite. Betrachtet man das obere rechte Hüftgelenk aufmerksam, kann man einen dunklen Bereich erkennen. Dieser stellt eine Zerstörung des Knochens dar. Abbildungen 2-6 zeigen ein ESFT Fallbeispiel.
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Die helle Region oberhalb des rechten Hüftgelenks zeigt einen Knochentumor, in diesem Fall ein Knochensarkom.
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Die dunkelblaue Materie innerhalb der Zelle repräsentiert die vergrößerten, aktiven Zellkerne. Diese enthalten genügend genetische Information für das Wachstum und die Reproduktion der Zelle, notwendige Eigenschaften des Ewing Sarkoms.
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Vor der Operation und während der anfänglichen Chemotherapie wurde für die Patientin ein Becken aus Metall geformt.
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Der künstliche halbe Beckenteil aus Metall wurde auf der rechten Seite implantiert.